Puffin, Lundi, Papageitaucher oder auch Fratercula arctica sind die bekannten Namen für eine besonders putzige Vogelart aus der Familie der Alkenvögel, die man im nördlichen Atlantik sowie im westlichen Nordpolarmeer antreffen kann. In Europa brütet der Puffin auf Island, Spitzbergen, entlang der Murmanküste bis Süd-Norwegen, auf den Färöer-Inseln, in Großbritannien und Irland sowie lokal an der Küste Schwedens und der Bretagne. Ratet, wo ich die tollpatschigen Vögel beobachtet habe … richtig, auf Island! Mehr als die Hälfte der weltweiten Papageitaucherpopulation brütet in Island, insgesamt um die acht bis 10 Millionen Vögel.
Landet man auf Islands internationalem Flughafen Keflavik, wird man bereits am Kofferband von einem überdimensionierten Puffin begrüßt, der kopfüber von der Decke hängt. Ab hier verfolgt einen das inoffizielle Wahrzeichen der Insel quasi die gesamte Reise lang: auf Tassen, T-Shirts, Handtüchern, Mützen, Postkarten, als Motiv im Lopapeysa oder auch auf der Speisekarte eines isländischen Restaurants. Anfangs habe ich den Wirbel um das taubengroße, eher etwas motorisch ungeschickte Vögelchen nicht wirklich verstanden. Inzwischen bin ich aber selbst im totalen Puffin-Fieber und besitze neben einigen der oben genannten Devotionalien auch ein wunderschönes Puffin-Tattoo!
Aber was macht den Charme des schwarz- weißen Vögelchen mit dem bunten Schnabel aus? Und wo und wann kannst Du ihn in freier Wildbahn beobachten?
WANN?
Ende April beginnt die Balz der Puffins. Frau und Herr Lundi führen eine „monogame Saisonehe“ und beziehen eine kuschelige Erdhöhle, gerne am Rand einer steilen Klippe am tosenden Ozean oder an einer Felswand. Sie bebrüten ein einziges Ei für 35-38 Tage. Schlüpft der Junior, spricht man von einem Nestling, der nun rund um die Uhr von beiden Elternteilen versorgt wird. Je besser sie ihn füttern, desto schneller verlässt er das Nest! Gut ernährte Jungvögel fliegen nach 37 bis 41 Tagen aus, schlecht ernährte nach 46 bis 54 Tagen. Ihr merkt schon, viel Arbeit für Mama und Papa Lundi, die sich für ihren Nestling quasi den ganzen Tag auf dem Meer befinden. Also: möchtest Du die erwachsenen Papageitaucher zu Gesicht bekommen, begibst Du Dich am besten früh am Morgen oder am Abend in die Nähe ihrer Brutplätze. Ende August verlässt die gesamte Familie die Erdhöhle und verbringt die Zeit bis zur nächsten Balz ausschließlich auf dem Meer. Daher ist die beste Jahreszeit für Puffinsichtungen der isländische „Sommer“ in den Monaten Mai – August.
WO?
Westen
Ein sehr bekannter Puffin-Spot ist der Vogelfelsen Látrabjarg. 14 km Steilküste mit bis zu 450 Meter hohe Klippen bietet hier exklusiven Lundi-Wohnraum in Traumlage. Aber auch im Breiðafjörður hat man gute Chancen, Lundis zu sehen. Zum Beispiel werden ab Stykkishólmur Bootstouren angeboten, die zu einigen der vielen Inseln im Fjord führen, zum Beispiel nach Þórishólmur oder Steinaklettar. Auf meiner persönlichen Wunschliste steht zum Beispiel auch ein Ausflug auf die Insel Viðey, auf der man ebenfalls Puffins beobachten kann.
Osten
Ähnlich bekannt wie Látrabjarg im Westen, ist im Osten das Örtchen Bakkagerði im Borgarfjörður Eystri. Hier gibt es ebenfalls eine sehr große Puffinkolonie. Aber auch in Hafnarhólmi gibt es einen Vogelfelsen mit über 10.000 Vögeln. Oder Du besteigst ein Boot zur Insel Papey, die vor dem Djúpivogur liegt.
Norden
Nördlich von Husavik kannst Du ebenfalls eine große Kolonie der Papageitaucher besuchen, sowohl an der Küste, als auch auf der Insel Lundey, die hunderttausende der Vögel beherbergt. Hier benötigst Du auf jeden Fall ein gutes Teleobjektiv, da Dich die Bootstour nur an die Insel heran führen wird, betreten darf man sie nicht.
Süden
Ich habe meine Puffinbegegnungen (bis jetzt) im Süden Islands gehabt. Die Vestmannaeyer- Inseln sind beispielsweise für ihre Puffinskolonien bekannt und wer mir schön länger folgt, weiß, wie sehr ich diese Inselgruppe liebe! Vieles auf Heimaey dreht sich um die kleinen Vögelchen mit den bunten Schnäbeln. Wegweiser in Puffinsform, eine Auffangstation für schwache oder verletzte Puffins oder auch die Puffin-Patrol (von der später noch die Rede ist) sind hier zu finden.
Auch auf dem Festland kann man im Süden Puffins sehen. Kap Dyrhólaey ist beispielsweise ein beliebter Anlaufort für Naturfotografen. Folge einfach den Menschen mit den längsten Objektiven und Du findest automatisch den Weg zu den Lundis!
Auch bei Ingólfshöfði im Südosten der Inselgibt es einen Vogelfelsen, der nur bei Ebbe zu erreichen ist. Hierhin gibt es ausschließlich geführte Touren, zum Beispiel ab dem Skaftafell Visitor Center.
DER LUNDI IN GEFAHR!
Die Weltnaturschutzunion (IUCN) stuft seit 2015 den Status des Papageitauchers als „vom Aussterben bedroht“ ein. Die kleinen Taucher haben viel Gesellschaft auf dieser Liste, denn etwa ein Drittel aller Seevogel-Arten ist weltweit in Gefahr. Auch in Island, wo die weltweit meisten Papageientaucher leben, gehen die Zahlen seit einigen Jahren drastisch zurück. Einige Studien gehen davon aus, dass knapp ein Viertel der Tiere seit dem Jahr 2002 verschwunden sind. Schaut im Perlan-Museum in Reykjavik vorbei und dreht am Zeitrad der Puffins …
Wieso schrumpfen die Puffins-Kolonien? Tatsächlich macht sich für die putzigen Vögel bereits seit einigen Jahren der Klimawandel extrem bemerkbar. Er führt zu einer Erwärmung der Ozeane und das wiederum sorgt dafür, dass für Papageientaucher und andere Seevögel die Nahrung knapp wird. Viele Arten fressen bevorzugt den Kleinen Sandaal. Mit steigenden Wassertemperaturen verschwindet aber die Hauptnahrungsquelle der Sandaale: Kaltwasser-Zooplankton. Und wenn die Sandaale weniger Nahrung finden, gibt weniger Exemplare und folglich fehlt auch die Nahrungsquelle der Puffins.
WIR SIND ALLE JETZT GEFRAGT!!! Wenn die Weltmeere durch den Klimawandel wärmer werden, verschwinden die Seevögel, also auch die Puffins. Achtung, jetzt wird es kurz politisch: macht bitte im September bei der Bundestagswahl das Kreuz an der richtigen Stelle! Schaut Euch bitte die Wahlprogramme insbesondere auf die Klimapolitik an!!!
Zum Schluss: die "PUFFIN - PATROL"
Lasst uns diesen Artikel heiter beenden und noch einen Blick auf die Westmänner-Inseln werfen. Hier kommt Ende August die „Puffin-Patrol“ zu Einsatz. Alle Bewohner von Heimaey haben Kartons oder Kisten in ihrem Haus bereitstehen, um desorientierten Nestlingen zu helfen, die bei ihrem ersten Start aus dem elterlichen Nest statt auf dem Meer in den Straßen der Stadt gelandet sind. Denn die Lichter der nächtlichen Stadt irritieren die kleinen Kerlchen häufig, so dass sie die Lichtspiegelungen auf dem Asphalt mit der glitzernden Meeroberfläche verwechseln und statt im Wasser, im Vorgarten der Inselbewohner landen. Hier werden die Joungsters vorsichtig eingesammelt und zum Sealife Trust am Hafen gebracht, wo sie gewogen, beringt und auf ihren Allgemeinzustand hin untersucht werden. Gibt es ein „Go“ von den Profis, bringt die Puffin-Patrol die Jungtiere zu den Klippen, wo sie mit einem beherzten Wurf über die Kante in die Freiheit geworfen werden. Ihr ahnt es schon: ein dickes Ziel auf meiner Bucketlist: einmal Teil der Puffin-Patrol zu sein!