Das Glasreich in Småland

Småland, eine bekannte Region im Herzen Südschwedens haben wir besucht, um die wundervolle, waldreiche Natur mit unendlich vielen Seen, putzigen Holzhäusern und tollen Wanderrouten kennenzulernen. Natürlich wollten wir auch auf den Spuren Astrid Lindgrens wandeln, aber darum soll es in diesem Artikel nicht gehen. Denn Småland hat auf Grund seines Waldreichtums noch eine weitere Attraktion: das sogenannte Glasreich.

Dieses liegt im Südosten von Småland, genauer in den Gemeinden Emmaboda, Lessebo, Nybro und Uppvidinge. Auf königliche Einladung siedelten Anfang des 18. Jahrhunderts böhmische Glasbläser in den Wäldern Südschwedens. Die endlosen Wälder boten genug Brennmaterial für die Schmelzöfen, die zur Glasherstellung benötigt werden. Außerdem gab und gibt es in Småland weitere Rohstoffe, wie Quarzsand, die man für die Glasproduktion benötigt. Im Laufe der Zeit entstanden mehr als 100 Glasbläsereien, von denen heute noch 15 existieren und besichtigt werden können.

 

Schon Anfang des 20. Jahrhunderts engagierten die Glashütten Künstler für die Formgebung ihrer Produkte. Damals sprach man nicht von “Design”, aber das Glas aus Schweden erlangte auch zu dieser Zeit schon Aufsehen auf internationalen Ausstellungen. Und wie der Zufall es so wollte, sind wir bei einem „Popstar“ der heutigen Glasbläserkunst gelandet: Micke Johansson.

Wie es dazu gekommen ist? Durch Unwissenheit und schlechte Vorbereitung. Die Frage „Und was machen wir heute?“ stellen wir uns eigentlich jeden Morgen während unserer Reisen. Und wenn man Sehenswürdigkeiten und Småland in die Internetsuche eingibt, taucht als einer der Toptreffer sofort das Glasreich auf. Wir haben die erste vorgeschlagene Adresse ins Navi eingegeben und sind losgefahren. Vielleicht nicht die cleverste Technik … denn wir landeten an einem großen Shop, der zu einem industriell produzierenden Glaswerk gehörte. So hatten wir uns das nicht vorgestellt, wollten wir doch dem alten Kunsthandwerk in einer Glashütte beiwohnen und dem Glasbläser bei seiner Arbeit über die Schulter schauen. Was tun? Kurz durchgeatmet und die nette Shopverkäuferin nach „originalen Glashütten“ mit Schauwerkstatt befragt. Sie war sehr hilfsbereit, überreichte uns eine Karte mit allen Glashütten-Adressen und antwortete auf meine Frage, welche davon denn ihre Topadresse sei: Micke Johansson. Sie wirkte regelrecht verzückt und überreichte uns das Glasriket-Magazin, in dem es einen großen Artikel über besagten Glasbläser zu lesen gab. Wir lernten, dass er in den USA ein total angesagter Künstler ist und so eine Art „Popstar-Status“ in seinem Berufszweig hat.

Zum Glück war er aber ein unglaublich entspannter und lustiger Typ, der uns geduldig alle Fragen beantwortete, während er in seiner kleinen Werkstatt in Örsjö, außerhalb von Nybro, an verschiedenen Objekten arbeitete. Eines davon sah wie ein Lampenschirm aus. Auf Nachfrage hielt uns sein Assistent einen Produktkatalog hin und erklärte, dass es sich hierbei um ein ganz besonderes Designstück für Firma xy handle. Es werde von diesen Lampen eine limitierte Micke Johansson-Kollektion geben, lediglich 40 Stück würde er blasen. Wie viele er denn davon am Tag schaffen würde, fragte ich und bekam ein belustigtes Schnauben zur Antwort. „Boring“ – er würde von den Dingern höchstens ein paar am Tag machen, sonst wäre das ja nicht zum Aushalten. Verständlich, denn heiß ist es in so einer Glasbläser-Werkstatt. Allerdings meinte er vermutlich weniger die Temperatur als den kreativen Prozess, mit geschickten Händen die glühenden Glasmassen aus dem Ofen zu schönem Kristallglas und farbenprächtiger Kunst zu formen. Und kreative Ideen hat dieser Mann zu genüge, wie wir im angrenzenden Shop bestaunen durften.

Wer sich für die Geschichte des Glasreiches interessiert, dem sei ein Besuch im Schwedischen Glasmuseum im Museumspark “Kulturparken” in Växjö empfohlen. Wer eine Tagestour durch mehrere unterschiedliche Hütten unternehmen möchte, der kann den „Glasreich-Pass“ erwerben und ist damit zu kostenlosem Eintritt sowie Führungen in allen Glashütten und Ausstellungen berechtigt.

Manche der Hütten bieten das sogenannte Hyttsill an – das „Glasmeister-Essen“, das traditionell (früher) in der Glut der Öfen erwärmt wurde: rustikale Hausmannskost wie Hering (sill), Kartoffeln und Isterband, die typische Wurst aus Småland.

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