Ich bin frisch verliebt in ein Land, dass gerade extrem trendy zu sein scheint und an einigen (in der Tat wunderschönen) Plätzen mit dämlichen Touristen und deren unreflektierter Verhaltensweisen zu kämpfen hat.
ABER… Mallorca auf den Ballermann zu reduzieren, ist vermutlich genauso verkehrt wie Island lediglich auf seine Top Spots.
#gosomewhereelse soll mein Motto sein, um Euch tolle Plätze, abseits der Ringroad und der Top Spots zu zeigen, die beweisen, dass Island noch immer ein echtes Naturparadies für Individualreisende sein kann.
Raudfeldargja
Wer auf der Halbinsel Snaefellsnes unterwegs ist, befindet sich zunächst auf der Straße 54, die zu vielen typischen Plätzen wie dem Berg Kirkjufell oder der schwarzen Kirche von Budir führt. Für den Tagestouristen aus Reykjavik vermutlich ein ausreichendes Programm. Um die Natur rund um den Gletscher Snaefellsjökull zu erkunden, muss man auf die Straße 574 abbiegen. Auch hier gibt es einige sehr bekannte Spots, wie die Felsformationen vor Arnarstapi oder den schwarzen Strand von Djupalonsandur. Ich möchte Euch ein Ziel vorstellen, das vielleicht nicht jeder bei dem Namen Snaefellsnes auf dem Schirm hat und das dem Besucher einiges an Kondition abverlangt … denn es geht steil bergauf, um dann rutschig, etwas beklemmend eng und ein bißchen spooky zu werden: willkommen in der Raudfeldar-Schlucht!
Ich verschone Euch mit geologischen Besonderheiten und zitiere das Schild am Eingang zur Schlucht, welches von der Sage berichtet, die sich um diesen besonderen Ort rankt, der neben einem kleinen Abenteuerfaktor auch einen großartigen Ausblick auf die gesamte Halbinsel bietet.
Badur Snaefellsás, halb Mann halb Troll, lebte der Sage nach Ende des 9. Jahrhunderts mit seinen „vollschlanken und gutaussehenden“ Töchtern in der Nähe von Laugarbrekka, bei Hellnar. Sein Bruder Porkell lebte in Anarstapi mit seinen beiden Söhnen Raudfeldur und Sölvi. Eines Tages spielten ihre Kinder am Strand, als Raudfeldur Bárdurs älteste Tochter Helga auf einen Eisberg schubste, auf dem sie der Sage nach bis nach Grönland trieb. Helga blieb zwar unverletzt, doch Bádur war so wütend, dass er beide Brüder tötete. Raudfeldur stieß er in diese Schlucht, die seitdem seinen Namen trägt und Sölvi stieß er vom Sölvahamar-Kliff, nicht unweit der Höhle. Nach diesem Vorfall ging Bádur der Sage nach in den Gletscher und verschwand für immer. Allerdings wird gemunkelt, dass man, wenn man weit genug in die Schlucht hineinklettert, unter Umständen auf Bárdur treffen kann…
Der Weg zur Schlucht lohnt sich auch dann (oder gerade dann?) wenn man nicht auf Badur trifft. Die massive Felswand ist beeindruckend und es hat einen echten Abenteuerfaktor, wenn man durch den Fluss in der Schlucht watet, um immer tiefer in die dunkle Spalte hinein zu klettern. Auf dem Rückweg muss man am Ausgang der Schlucht die Augen vor dem plötzlichen Lichteinfall schützen und wird, nach ein paar Mal blinzeln, mit einem grandiosen Ausblick über die Halbinsel Snaefellsnes belohnt!